Was sind Moorzikaden?
Durch Anklicken der Fotos erhalten Sie einen Überblick über die wichtigsten Moorzikaden im Raum Weser-Ems
“Moorzikaden” lassen sich in zwei Gruppen unterteilen:
Zikaden, die strikt nur in Hochmooren vorkommen und nirgendwo anders leben können bezeichnet man als
tyrphobiont. Dieses sind die sensibelsten Zikadenarten. Gehen ihre Lebensräume verloren,
müssen diese Arten höchstwahrscheinlich aussterben.
Zikaden, die in Hochmooren ihren Vorkommensschwerpunkt haben aber auch in nährstoffreichere
oder basischere Lebensräume vordringen sind tyrphophil. Diese Arten sind
nicht minder gefährdet, da auch deren Lebensräume durch Besiedlung und Landwirtschaft immer weiter zurückgehen.
Ausnahmslos alle moorspezifischen Zikadenarten sind in der
Roten Liste Deutschlands als gefährdet bis akut vom Aussterben bedroht geführt!
Was macht nun die enge Bindung an diese Lebensräume aus? Dieses ist in erster Linie auf die Beschränkung
der Arten auf nur wenige bis nur eine einzige Nährpflanze zurück zuführen. Zikaden sind Pflanzensaftsauger.
Ihre Ernährung erfolgt quasi per Strohhalm, indem sie die Leitungsbahnen und Blattzellen anstechen und aussaugen.
Die überwiegende Zahl moorspezifischer Arten ist monophag, d.h. diese Zikaden sind ausgesprochene Feinschmecker. Arten, die auf eine einzige Pflanzenart beschränkt
sind und diese Pflanze auch noch ausschließlich in Hochmooren vorkommt, sind entsprechend stark gefährdet.
Meist ernähren sich Moorzikaden von Wollgräsern und verschiedenen Seggenarten. Aber auch Moosbeere, Weißes Schnabelried,
Sumpfreitgras und Binsen gehören auf ihren Speiseplan.
Nahrungsbreiten der Zikaden
Nahrungsbreite |
Abkürzung |
Bedeutung |
monophag
1. Grades |
m1 |
nur an einer Pflanzenart |
monophag
2. Grades |
m2 |
nur an einer Pflanzengattung |
oligophag
1. Grades |
o1 |
nur an einer Pflanzenfamilie |
oligophag
2. Grades |
o2 |
an maximal zwei Pflanzenfamilien oder maximal vier Pflanzengattungen aus maximal vier Familien |
polyphag |
po |
an mehr Pflanzengattungen oder -familien |
Quelle: NICKEL, H. (2003): The leafhoppers and planthoppers of Germany (Hemiptera, Auchenorrhyncha): Patterns and strategies in a highly diverse group of phytophagous insects.

Naturgemäß sind Hochmoore eher artenarme Biotope. Entsprechend findet man hier auch nur wenige
Zikadenarten. Im Raum Weser-Ems sind 10 Arten sehr eng an Hochmoore gebunden sind.
Die meisten ernähren sich von Wollgräsern, einige aber auch von Seggen. An Scheidigem Wollgras
(Eriophorum vaginatum) der offenen Hochmoorzentren leben die Moorkäferzikade (Ommatidiotus dissimilis),
die Hochmoor-Spornzirpe (Nothodelphax distincta) und die Hochmoorzirpe (Sorhoanus xanthoneurus).
Torfmoos-Schwingrasen mit Schmalblättrigem Wollgras
(Eriophorum angustifolium) werden
von der Weißlippen-Spornzikade (Delphacodes capnodes), der Baltischen Moorzirpe (Cosmotettix panzeri)
und der Schlenkenwanderzirpe (Macrosteles fieberi) bevorzugt.
An ähnlichen Standorten lebt die Schnabelriedzirpe (Limotettix atricapillus),
die sich hier aber vom Weißen Schnabelried ernährt.
Die Nährpflanzen der Moorseggenzirpe (Cicadula quinquenotata) sind nicht genau bekannt.
Die Moorflohzirpe (Deltocephalus maculiceps) lebt an Pfeifengras.
Auch gehölzbewohnende Zikaden sind in Hochmooren vertreten, z.B. die Torf-Glasflügelzikade (Cixius similis)
an Moorbirken und Zwergsträuchern.
Weitere 9 Arten habe ihren Verbreitungsschwerpunkt in Hochmooren, dringen aber auch mehr oder weniger stark in
Niedermoore oder auch in Feuchtwiesen vor. Eine der häufigsten ist die Wollgras-Spornzikade (Kelisia vittipennis).
Weitere Arten sind die Sumpf-Spornzikade (Paradelphacodes paludosa) an Schnabelsegge (Carex rostrata),
die Moorerdzikade (Sroggylocephalus livens) und die Moorwanderzirpe (Macrosteles ossiannilssoni)
an Sauergräsern und Binsen, die Sumpf-Reitgraszirpe (Streptanus okaensis) und die Braune Spornzikade (Paraliburnia clypealis) an Sumpfreitgras
(Calamagrostis canescens), die Weiße Spornzikade (Kelisia pallidula) und die Klauenspornzikade (Oncodelphax pullula)
an Hirsen- und Wiesen-Segge. Schließlich ist noch die Moorfeuerzikade (Zygina rosea) zu nennen, die an Moorbirken und Kiefern lebt.

Eine Reihe von Arten leben in Biotopen, die häufig mit unseren Hochmoorgebieten assoziiert sind.
Dazu gehören beispielsweise Heiden und gestörte Bereiche mit Pfeifengras. An Zwergsträuchern leben
die Zwergheidezirpe (Ophiola russeola) oder die Heidekrautzikade (Ulopa reticulata) u.a.
An Pfeifengras ist die Ried-Spitzkopfzirpe (Jassargus sursumflexus) oder
die Pfeifengras-Spornzikade (Muellerianella extrusa) anzutreffen.
Wenige Moorbesiedler stellen geringe Ansprüche an ihren
Lebensraum und haben eine breites Spektrum an Nährpflanzen. So kommt die
Grasschaumzikade (Neophilaenus lineatus) sehr häufig auch in Hochmooren vor,
meist in hohen Individuendichten.
Neben der Bindung an bestimmte Pflanzenarten spielen weitere Faktoren oder Faktorenkombinationen
eine entscheidende Rolle dafür, ob sich bestimmte Zikaden im Hochmoor wohl fühlen.
Beispielsweise sind der Säuregrad (Hochmoore sind extrem sauer), die Vegetationsstruktur
(z.B. Bult-Schlenken-Strukturen),
Mikroklima (Hochmoore weisen extreme Temperaturschwankungen an der Bodenoberfläche im Tagesverlauf
auf) und natürlich der Feuchtegrad
(Hochmoore sind nass) von Bedeutung für das Vorkommen verschiedener Zikadenarten.
Entscheidend ist für eine Reihe von Moorzikaden beispielsweise das Vorhandensein einer
geschlossenen Torfmoosdecke, z.B. zur Überwinterung oder zur Eiablage.
Wer mehr über Zikaden wissen möchte, findet alles Wichtige in der nebenstehenden Rubrik oder gleich hier:
[Wissenswertes über Zikaden].

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